Über Sehnsucht, Hoffnung und Ent-Täuschung

Heftige Zeiten sind das. Mitunter kaum auszuhalten. Rasch wechselnde, aber zumeist hochkritische Rahmenbedingungen, ein scheinbarer Amokläufer und völlig Unberechenbarer in der mächtigsten Position der Weltpolitik, dazu weitere Angst machende politische Geisterfahrer rund um uns, Spardruck und Budgetknappheit ohne Ende. Die drei K’s, die uns düster in die Zukunft blicken lassen: Krieg, Klimawandel, Künstliche „Intelligenz“. Und all das in einer Dynamik, dass die Hälfte davon auch noch eine Challenge wäre.

Die See ist offenbar rau, mitunter sehr rau. Manchmal auf eine durchaus vertraute Weise, nicht ganz neu, aber dann doch wieder völlig unbekannt. Plötzlich erwischt einen eine Welle aus einer Richtung, auf die man ganz und gar nicht gefasst war. Im Ausguck sitzt auch schon längst niemand mehr, das wäre wenig hilfreich (weil so unübersichtlich) und obendrein viel zu gefährlich. Die Instrumente sind auch nur bedingt unterstützend: Manchmal blinken und tuten sie wie wild, und man weiß nicht, wo man sich zuerst hinwenden soll. Dann verstummen sie und zeigen nichts an, obwohl da sehr wohl etwas zum Anzeigen wäre. Die Techniker sind auch schon ganz entnervt, weil das alles so filigran und empfindlich ist und gefühlt alles mit allem zusammenhängt.

Wissen wir überhaupt, wo wir hinwollen? Oder geht es bloß noch darum, die Launen des Meers zu überstehen, also ums nackte Überleben? Ruhigere Phasen nutzen wir zum Auskurieren, für kleinere und größere Reparaturen, zum Durchschnaufen und bestenfalls zur mentalen Vorbereitung auf die nächsten Turbulenzen. Keiner traut sich die Frage zu stellen, ob wir überhaupt im richtigen Meer unterwegs sind, wohin wir steuern und woran wir merken, dass wir gut, sicher, richtig, gesund vorankommen. Manch einer blickt wehmütig zurück, halluziniert eine verklärt idyllische Vergangenheit, bemüht den Spruch von den „seligen alten Zeiten“ und ist gedanklich längst über Bord. Andere rennen hektisch umher, fuddeln mal hier kurz rum, brüllen mal da eine knappe Anweisung, um knapp darauf in Schockstarre zu verfallen. Und wieder andere sind längst unter Deck gegangen, kotzen sich die Seele aus dem Leib und bemitleiden sich und ihre Crew-Genoss*innen auf das Kräftigste.

Dann auf einmal wieder Flaute, der Sturm ist genauso rasch verschwunden, wie er entstanden war, hat ebenfalls keiner kommen gesehen. Ratlosigkeit – was nun? Auf einmal soll wieder alles möglich sein, was eben noch völlig undenkbar war. Kann man der Ruhe trauen? Unsicherheit – wie geht’s weiter? Was kommt als nächstes? Wer oder was wird uns in welche Richtung schubsen? Werden wir darauf Einfluss nehmen können?

Ich liebe Metaphern.

Dennoch, es handelt sich bloß um eine Metapher. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Übertrieben? Vielleicht mag sie das sein, das nun folgende Bekenntnis ist es jedenfalls nicht.

Und was, bitte, heißt das nun konkret?

Ich bin keiner, der dir sagen kann, wie es genau geht. Was du tun musst, um wieder den Kopf über Wasser zu bekommen. Ich bin keiner, der behauptet, er weiß, was genau für dich das Richtige ist. Welche Instrumente an Bord die einzig richtigen sind. Und wie sie zu reparieren und optimieren sind. Was genau für dich das passende Rezept ist. Ich bin keiner, der von sich behauptet, die perfekten Lösungen parat zu haben.

Ich bin auch keiner, der Sicherheit, Stabilität, Vorhersehbarkeit und Gewissheit garantieren kann. Und natürlich kann ich dir auch nicht verklickern, was genau der richtige Ozean für dich ist und was der erfolgsträchtige Kurs.

In meiner mittlerweile fast 30-jährigen Begleitung vieler Menschen und Organisationen gab es kein einziges Beispiel einer Patentlösung. Keinerlei Chance, ein erprobtes Erfolgsrezept bloß zu kopieren und das war’s. Kein Abziehbild, keine Matrize, kein einfaches Copy-and-Paste. Daher auch keine wundersame Spontanheilung durch den Guru von außen. Zumindest nicht in der Welt der Organisation und im Handling von Veränderungen.

Sondern …?

Jedes Mal war es zumindest ein bisschen anders. Jedes Mal galt es, innezuhalten, zu reflektieren, quasi selbst die Gehirnwindungen in Gang zu bringen (und zwar auf Beraterseite gleichermaßen wie auf Kundenseite!) und eine situativ und individuell passende Lösung zu finden, zu erfinden, zu entwickeln.

Und das ist es, was ich in meiner Professionalität guten Gewissens und aus Überzeugung anbiete. Was sich bewährt hat in oftmaliger Anwendung.

Gemeinsam innehalten, das Umfeld und das Eigene ausleuchten (Stärken, Potenziale und Schätze ebenso wie Beschränkungen und Spannungsfelder) und dann die wesentlichen Fragestellungen ableiten. Was braucht es jetzt sofort? Wo wollen wir mittel- bis längerfristig hin? Welche Prinzipien sind uns dabei wichtig, was wollen wir keinesfalls verraten bzw. verlieren? Ein paar Beispiele gefällig? In diesem Beitrag gibt es ein paar interessante Erkenntnisse. Und praktisch jedesmal wichtig: was ich „Dialektik der Veränderung“ nenne. Also ernstzunehmen, dass zu jedem Change unbedingt auch das Bewahren dazugehört.

Meist lautet die Devise „Fahren auf Sicht“. Und es tut gut, möglichst viele kompetente Menschen für das Übernehmen von Aufgaben und Verantwortung einzuladen, ihnen zuzutrauen, dass sie etliches schultern können (bei aller Unsicherheit, bei allen Fragezeichen, die nun mal so dazugehören), sie also für ein reges Mitwirken zu gewinnen. Und sich dadurch als Führungskraft, als Change Agent, als verantwortungsvoll agierende*r Manager*in selbst freizuspielen. Es braucht gerade im turbulenten Umfeld Menschen im Inneren, die nicht in der operativen Hektik gefangen sind, die keine überlebensnotwendigen Handgriffe zu tätigen haben, die auch bereit sind, auf diese Art Heldenstatus vorübergehend mal zu verzichten. Die sich dafür um den Ausblick und Überblick kümmern können, die darauf achten, dass alle mitkommen, dass niemand ungewollt über Bord geht, die dafür sorgen, dass auch auf rauer See schlaue Entscheidungen getroffen werden und so für ein nachhaltig zukunftsfähiges Unternehmen gesorgt ist.

Ein letztes Sorry meinerseits: Selbst wenn all dies auf beherzte Weise professionell in die Tat umgesetzt wird, gibt es dennoch keinerlei Garantie für ein Gelingen des Ritts auf stürmischer See. Die Chancen auf eine erfolgreiche Überfahrt sind allerdings definitiv deutlich höher!

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