Feedback – der Booster schlechthin
Marko, seines Zeichens Teamleiter in einem IT-Unternehmen, würde gerne mehr bewirken. Er weiß um seine Kompetenz und dass er zu vielen Themen sehr wertvolle Lösungsansätze hätte. Doch irgendwie will es ihm nicht recht gelingen, sich stärker bemerkbar zu machen. Sich auch einmal durchzusetzen. Immer wieder macht er einen Rückzieher, wenn es darauf ankäme. Wer weiß, ob das tatsächlich eine gute Idee ist und überhaupt, was wohl die anderen dazu sagen würden?! Und während er dies noch abwägt, ist die Gelegenheit auch schon wieder vorbei.
Eine Logistik-Abteilung. Termindruck ohne Ende. Jeder ist auf den anderen angewiesen. Man lebt von den Infos, die man rechtzeitig einander verschafft. Ohne wechselseitige Unterstützung ist jeder im Team aufgeschmissen. Dennoch: zwischen den beiden Kolleg*innen Karl und Berta herrscht schon länger dicke Luft. Man geht einander aus dem Weg, so das unter diesen Umständen überhaupt möglich ist.
Lena steckt in einer handfesten persönlichen Krise. Seit der schweren Erkrankung ihres Bruders will gar nichts mehr klappen. „Es ist furchtbar“, sagt sie. „Ich kann mich nicht mehr konzentrieren, ich vergesse alles Mögliche, ich bin nicht mehr bei mir, ich funktioniere überhaupt nicht mehr. Was vorher noch easy war, klappt jetzt gar nicht mehr. War’s das jetzt? Geht jetzt alles den Bach hinunter? Ich glaube, mir wird jetzt die große Rechnung präsentiert. Für alles, was ich bisher schon falsch gemacht habe. Das dicke Ende kommt noch, da kann ich gleich alles hinschmeißen …“
Tja, sie alle scheinen in Sackgassen zu stecken. Zumindest die ersten beiden Fälle sind keine großen Dramen, sondern ganz alltägliche Ärgernisse. Kleine nervige Anlässe, wohl bekannt und doch so mühsam. Jegliche Lösungsenergie scheint blockiert, der Zugang zu konstruktiven Ansätzen irgendwie verstellt. Dazu noch das „richtige“ Mindset, z.B. „Das wird sowieso nichts“ oder „Eines ist fix: es geht schief“ bzw. „Egal was man macht, es führt zu nichts, es wird höchstens schlimmer“. Schon hat man den Salat – keinerlei Aussicht auf Verbesserung. Eine klassische Sackgasse eben.
Doch dann überrascht Eva, Markos Kollegin, ihn, indem sie ihm mitteilt, dass sie ganz viel von ihm hält, ganz besonders von seinen guten Ideen und seinen analytischen Fähigkeiten. „Die anderen sehen das übrigens auch so. Du darfst dir ruhig ein bisschen mehr zutrauen. Das würde uns in vielen Situationen weiterhelfen.“ Hoppla, denkt sich Marko …
Karl fasst sich plötzlich ein Herz und geht auf Berta zu. Ohne unmittelbaren Anlass, einfach so. „Lass uns mal reden. Es gibt da ein paar Dinge, die ich dir sagen möchte.“ Und siehe da, schon nach wenigen Minuten kommen sie drauf, dass da hauptsächlich Missverständnisse und alte Geschichten zwischen ihnen stehen. Von wegen unüberwindbare Abgründe. Fast alles lässt sich rasch ausräumen. Indem sie Klartext reden, direkt und unmittelbar die wesentlichen Punkte ansprechen, nicht um den heißen Brei herum, sondern die Dinge beim Namen nennen. Auch wenn es vom Thema her unangenehm ist und Überwindung kostet. Besonders wichtig: sie teilen einander mit, was die jeweilige Situation mit einem selbst macht. Und noch wichtiger: sie hören einander zu. Wohlwollend, interessiert, respektvoll. So gelingt es ihnen, endlich die alten Unstimmigkeiten zu beenden. Am Ende des Gesprächs vereinbaren sie, dass sie von nun an nichts mehr aufstauen lassen wollen, sondern im Falle des Falles sehr zeitnah die unmittelbare Aussprache suchen werden.
Und Lena organisiert sich glücklicherweise professionelle Hilfe. Ihre Beraterin nimmt ihr mit der scheinbar lapidaren Bemerkung, dass eine solche Reaktion in einer derartigen Lebenslage „ganz normal“ sei, eine Riesenlast von den Schultern. Lena atmet erleichtert durch. Kurz darauf merkt sie, wie ihre vorübergehend verlorenen Kompetenzen wieder zurückkommen.
Derartige Sprünge in der persönlichen Weiterentwicklung bzw. in der konstruktiven Bewältigung von misslichen Lebenslagen, Spannungen und Konflikten haben nach meiner Beobachtung in zumindest 50 Prozent aller Fälle mit gelungenem Feedback zu tun. Feedback, das ich jemandem gebe – egal ob dazu aufgefordert oder nicht – oder von jemandem bekomme.
Stets handelt es sich um eine Erweiterung, oft sogar um eine Korrektur der eigenen Wahrnehmung. Je mehr am Spiel steht, also je stärker die persönlichen Interessen und je spannungsreicher die Situation, umso enger gerät der Blick. Auf einmal sind die naheliegendsten Dinge nicht mehr sichtbar, die einfachsten Lösungsmöglichkeiten nicht mehr verfügbar. Im Tunnel hat sich noch kaum jemand auf wertvolle Weise weiterentwickelt …
Dann braucht es eine weitere Perspektive – einen Kollegen, eine Kollegin, der/die uns aus unserem Tunnel herausholt und unser Augenmerk auf andere Aspekte der Situation lenkt. Und wie durch Zauberhand, schwuppdiwupp, eröffnen sich völlig neue Wege und Möglichkeiten. Faszinierend.