Dümmer als die Cyber-Polizei erlaubt – Experimente mit der künstlichen „Intelligenz“ 2

Tja, mein „Freund“ (?!) ChatGPT überrascht mich immer wieder. Vor circa einem Jahr hat er mir schamlos ins Gesicht gelogen, sich dann zwar dafür entschuldigt, aber trotzdem. Hier nachzulesen.

Deshalb bin ich nun naturgemäß um einiges skeptischer, was KI generell und ChatGPT im Besonderen angeht. Und erfreue mich regelmäßig an Dialogen, die in etwa so aussehen: Ich wähle meine Fragen an ChatGPT wie ein fieser Oberlehrer, der eine diebische Freude daran hat, sein Gegenüber aufs Glatteis zu führen. Dann lasse ich mich überraschen, welche Antwort ich erhalte. Nur um noch fieser nachhaken zu können …

Aber letztens war ich echt perplex. Ich – in provokativer Laune, also in Vorfreude darauf, dass es mir wieder einmal gelingt, ChatGPT zu einer Entschuldigung zu nötigen – fordere ChatGPT auf dem Gebiet des Selbstmanagements heraus. Ein Feld, wo ich doch einiges an Expertise mitbringe. Also wähle ich das Thema „Prokrastinieren“, also das Aufschieben von Aufgaben, zumeist unangenehmer Aufgaben.

Und siehe da, ChatGPT antwortet mit einigen – höchst hilfreichen! – Leitfragen:

„Ich stelle dir ein paar Fragen, um herauszufinden, in welchen Situationen oder bei welchen Arten von Aufgaben du das Aufschieben vielleicht am besten bemerkst. Danach gebe ich dir einige konkrete Tipps, um die Prokrastination zu überwinden.

  • Gibt es bestimmte Arten von Aufgaben, die du besonders häufig aufschiebst, wie z.B. komplizierte Aufgaben, die viel Denkaufwand erfordern, langweilige, routinemäßige Aufgaben oder Aufgaben, die Unsicherheit oder Zweifel in dir hervorrufen?
  • Verschiebst du Dinge eher, wenn du wenig Zeit hast oder wenn du viel Zeit zur Verfügung hast?
  • Gibt es bestimmte Tageszeiten, zu denen du häufiger aufschiebst? (…)
  • Welche Gefühle begleiten das Aufschieben? (…)
  • Wie fühlst du dich in den Momenten, nachdem du etwas aufgeschoben hast? (…)“

Wow, denke ich mir. Noch bevor ich die gleich darauffolgenden Tipps gelesen habe. Das kann was. Das hat Hand und Fuß. Ein Profi würde wohl genauso fragen. Und dabei vielleicht die eine oder andere wichtige Option vergessen …

Die Tipps sind dann von ähnlicher Qualität. Hilfreich, anschaulich und einfach gehalten und doch keineswegs oberflächlich. Naturgemäß allgemein formuliert, aber am Schluss folgt noch die hochprofessionelle Frage: „Magst du mir ein bisschen erzählen, wann und wie du das Aufschieben am häufigsten wahrnimmst? Dann kann ich dir spezifischere Tipps geben!“

Das tue ich, und das Ergebnis wird noch besser. Ich bin absolut begeistert.

Kein Wunder, dass ein namhafter deutscher Kollege eine eigens für den Bereich Therapie, Coaching und Beratung gedachte KI programmieren ließ. Der Aufschrei unter den Kolleg*innen folgte – wenn auch nicht ganz so schrill wie vermutet. Viele werden zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sein wie ich bei meiner obigen Recherche. Aber doch etliche Vorbehalte und Sorgen haben.

Weil wozu braucht es dann noch den Menschen? Und ich meine nicht die Damen und Herren Software-Entwickler. Sondern uns Coaches und Berater*innen.

Nun, zumindest dafür, um die richtigen Fragen zu stellen und die Qualität der gegebenen Antworten bewerten zu können.

Aber machen wir uns nichts vor: Erst mal ChatGPT oder eine andere KI zu befragen, ist eine völlig nachvollziehbare und auch äußerst schlaue Vorgehensweise. Vom ökonomischen Standpunkt sowieso (praktisch keine Kosten, Antworten binnen Sekunden) und offensichtlich auch von der inhaltlichen Qualität der „Beratung“. Nichtsdestotrotz gilt es, diese Art von Unterstützung immer wieder einer kritischen Beurteilung zu unterziehen. Ich bleibe dran, versprochen.

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