Die Katze aus dem Sack lassen – im Change Entscheidungen treffen und darüber informieren

„Aber es ist doch noch so vieles völlig unklar. Da können wir nicht vor die Leute treten. Wir machen uns doch nur lächerlich!“

So oder ähnlich habe ich das schon sehr oft im Zuge eines größeren Change-Prozesses gehört. Auch unlängst wieder. Das Muster ist stets das gleiche: Lieber gar nichts sagen. Bevor man sich unangenehmen Fragen aussetzt. Bevor man zugeben muss, etwas (noch) nicht sagen zu können. Weil man es schlichtweg selbst noch nicht weiß. Bevor man sich möglicherweise eine Blöße gibt.

Natürlich würde man gerne gleich den ganzen Pokal an Lösungen präsentieren. Und alle offenen Fragen dazu beantworten können. Zumindest die größten, die wichtigsten, also jene, wo der stärkste Impact damit verbunden ist. Und die heftigsten Emotionen.

Allerdings braucht es bei größeren, komplexeren Change-Prozessen Unmengen an Energie, Hirnschmalz und damit auch Zeit, bis eine präsentable (Zwischen-)Lösung „fertig“ oder zumindest „halbwegs fertig“ ist.

Deshalb werde ich nicht müde, jenen vorsichtigen, zurückhaltenden, manchmal auch perfektionistisch angehauchten Manager*innen zuzurufen: „Stell dir vor, du wärst auf der anderen Seite. Du wärst vermutlich absolut dankbar für jede Portion Information, auch wenn sie noch so roh, so unausgegoren ist. Und du könntest wahrscheinlich gut nachvollziehen, dass es in der Natur der Sache liegt, dass es dauert. Dass dein Gegenüber keine Zauberkräfte hat. Was ihn oder sie übrigens um einiges menschlicher erscheinen lässt. Das Entscheidende ist: du als Mitarbeiter*in hältst dich für voll genommen. Du merkst, man ist aufrichtig zu dir, man verschont dich nicht, man wirft dir nicht nur Beruhigungshäppchen zu. Sondern man mutet dir auch unangenehme Nachrichten zu. Etwa, dass manches noch völlig unklar ist. Dass es noch keine Antworten und Lösungen gibt. Einfach, weil man dich für fähig, reif und würdig hält, mit so etwas umgehen zu können.“

Also, liebe Manager*innen, wartet bitte nicht, bis ihr eine vollständige Katze habt, die ihr aus dem Sack lassen könnt. Übrigens, mit Verlaub, ein etwas doofes Bild, das mit der Katze im Sack. Man fragt sich schon: Wer hat die da hineingetan, wie hält die das aus, und weshalb gerade eine Katze?!

Egal. Darauf kommt es nicht wirklich an.

Vielmehr auf die richtige Portion Mut, Offensivgeist und Bereitschaft zur Auseinandersetzung.

Das nennt man dann Leadership. Sich in kniffligen Lagen hinzustellen, die (mitunter schlechten) Karten auf den Tisch zu legen und sich den teils berechtigten, teils vielleicht überschießenden Reaktionen der Mitarbeiter*innen auszusetzen. Daran erkennt man wahre Leader. Daran, dass sie in solchen Situationen präsent sind, Kontakt ermöglichen bzw. herstellen sowie Kommunikation und Dialog zulassen. Und damit auch ein Stück Risiko in Kauf nehmen.

PS: Versuchen Sie besser nicht, mit emotionslosem Pokerface, feigen Folds sowie übertriebenen Bluffs über die Runden zu kommen. Denn Sie werden spätestens dann scheitern, wenn Ihr Guthaben an Glaubwürdigkeit aufgebraucht ist und die anderen Player sehen wollen, was Sie tatsächlich in der Hand halten. Oft brauchen diese dazu nicht einmal All-in zu gehen.

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2024-11-13T09:05:04+01:00
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